Anlässlich des 70. Geburtstages des Künstlers zeigte das Kunstmuseum Ahlen eine retrospektiv angelegte Ausstellung mit rund 100 Werken von Jobst Tilmann. Die Präsentation gab Einblick in ein gereiftes malerisches Œuvre, das von konzeptueller Stringenz und Vielseitigkeit geprägt ist.
Die frühen Arbeiten basieren auf Gestaltphänomenen und Spuren, die Jobst Tilmann in französischen Steinbrüchen beobachtete. Infolge einer grundlegenden Befragung seiner eigenen schöpferischen Tätigkeit gelangte er bald zu einer vom Naturvorbild völlig unabhängigen Gestaltung. In den 1990er Jahren entstehen ruhige Bildsysteme, getragen von einer gleichbleibenden Struktur. Der Künstler verknüpft die Tektonik einer klaren orthogonalen Ordnung mit der Organik natürlicher Bewegungen. Seine Papierarbeiten und Gemälde beeindrucken durch ihre sinnliche Balance zwischen Stabilität und Vitalität. Ab 2005 kündigt sich in Jobst Tilmanns Kunst ein Paradigmenwechsel an. Die bisherige Dominanz von Gleichmaß und Ordnung wird durch entgegengesetzte Kräfte bewusst gestört. Eine impulsive, starkfarbige Malerei steht am Anfang von Gestaltungsabläufen, in denen er auf organische Prozesse mit ordnenden Eingriffen reagiert. Inmitten von grautonigen „Auslöschungen“ bilden sich formale Inseln mit überraschenden Erscheinungen, die der Künstler durch Formschnitte isoliert und als plastische Objekte der realen Körperwelt annähert.