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Sammlung

Eine profunde und sich gleichzeitig lebendig weiterentwickelnde Sammlung bildet das Rückgrat musealer Arbeit. Sie macht erkennbar, was vorherige Generationen als wertvoll erachtet haben, welche Lücken vielleicht gegenwärtig zu schließen und welche Versäumnisse zukünftig nachzuholen sind. Hierzu bedarf es sowohl solider wissenschaftlicher Forschungsmöglichkeiten als auch der Freude an experimentellen Befragungen und Kontextualisierungen. Alle, die am Sammlungsaufbau mitwirken, allen voran die Künstlerinnen und Künstler, dürfen sich darauf verlassen, dass der Umgang mit ihren Werken im Museum von Konstanz und langfristiger Verantwortung geprägt ist.

Die Sammlung im Kunstmuseum Ahlen umfasst zurzeit rund 2.000 Exponate von mehr als 200 Künstlerinnen und Künstlern. Bislang zeigt das Kunstmuseum Ahlen keine Dauerausstellung des eigenen Bestandes, einen umfassenden Einblick erlaubt jedoch der 2023 erschienene Katalog „Ans Licht! Die Sammlung im Kunstmuseum Ahlen.“ Zudem stehen stehen die wechselnden Ausstellungen konzeptionell in einem „virtuellen“ Austausch mit der Sammlung und motivieren dazu, diese immer wieder neu zu kontextualisieren und zu interpretieren. Einzelne Werke oder Werkgruppen, werden, wenn möglich, in Wechselausstellungen integriert.

Der Sammlungsaufbau begann im Jahr 2006. Das vom Gründungdirektor Burkhard Leismann entwickelte Ausstellungsprofil gab dabei maßgebliche programmatische Impulse. Seitdem wird die Sammlung durch regelmäßige Neuerwerbungen der Theodor F. Leifeld-Stiftung und des Förderkreises des Kunstmuseums sowie durch Schenkungen und Dauerleihgaben privater Leihgeber und öffentlicher Institutionen stetig erweitert. Verschiedene Sammlungsschwerpunkte sind durch ein gemeinsames Leitmotiv miteinander verbunden: Das Phänomen „Licht“ und seine Erscheinungsformen in Malerei und Fotografie, aber auch in skulpturalen und raumbezogenen Arbeiten.

Klassische Moderne

In Werken der sogenannten klassischen Moderne, also aus der Zeit zwischen 1895 und 1920, lässt sich in der Sammlung die Entwicklung der Malerei vom lichtgesättigten Spätimpressionismus zum farbintensiven Expressionismus nachzeichnen. Die frühesten Arbeiten aus diesem Sammlungsbereich stammen von Auguste Renoir, Christian Rohlfs, Emil Nolde und Erich Heckel. Ein Fokus richtet sich auf Künstlerinnen und Künstler des rheinischen und westfälischen Expressionismus, wie Heinrich Campendonk, Helmuth Macke, Heinrich Nauen oder Heinrich Dieckmann aus dem Umfeld der Krefelder Kunstgewerbeschule, aber auch auf Peter August Böckstiegel, Hermann Stenner oder Ernst Sagewka aus dem Kreis der westfälischen Expressionisten. Das Konvolut früher Werke von Wilhelm (Will)Wieger, ebenfalls ein Krefelder Weggefährte und Studienkollege von Campendonk und Helmuth Macke, ist in Umfang und Qualität einzigartig in einer musealen Sammlung. Es umfasst rund 80 Zeichnungen, Pastelle, Ölskizzen und -gemälde aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Mit Ahlen in besonderer Weise verbunden war der Bühnenbildner und Maler Egon Wilden, dessen künstlerischer Nachlass durch eine Schenkung Kunstmuseum Ahlen kam und hier wissenschaftlich aufgearbeitet wurde. Ein Bestandskatalog von 2009/2010 erschließt sein Werk.

Kunst nach 1945

„Licht“ als Metapher für einen gesellschaftlichen, wie künstlerischen Neubeginn nach den dunklen Jahren des Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg prägte die Generation der ZERO-Künstler, die mit Heinz Mack, Günther Uecker, Leo Erb, Kuno Gonschior und Oskar Holweck im Kunstmuseum Ahlen vertreten ist. Eine Abkehr von der klassischen Malerei, eine Hinwendung zu innovativen Materialien und Techniken, der konsequente Verzicht auf jede Erzählung, die Zurücknahme der eigenen Handschrift und das große Interesse an Transparenz und Licht charakterisieren diese lose, jedoch freundschaftlich untereinander eng verbundene Künstlergruppierung. Eine besondere Rolle nimmt in diesem zeitlichen Kontext der Maler Fritz Winter ein, der in Ahlen seine Jugendzeit verbrachte, bevor er als Bauhausschüler nach Dessau ging. Darüber hinaus ist das Konvolut von Adolf Luther aus den 1950er bis 1980er Jahren erwähnenswert, das rund 30 Werke in Form von Zeichnungen, Ölgemälden, Materialbildern und Zerreißungen sowie Arbeiten aus Glas, mit Hohlspiegeln und Linsen umfasst. Im Bereich der Nachkriegskunst sind Bildhauer wie Rudolf Knubel, Horst Linn, Rolf Nolden oder Peter Schwickerath zu nennen, von denen skulpturale Werke, aber auch Bildhauerzeichnungen in die Sammlung eingingen, sowie Maler wie Bernd Damke, Erwin Bechtold und Eduard Micus, die jeweils mit größeren Werkgruppen vertreten sind.

Mit Positionen wie Heinrich Siepmann oder Hans Steinbrenner wird die konstruktiv-konkrete Kunst der 1960er und 1970er Jahre anschaulich repräsentiert und durch Werke von Klaus Staudt oder Imi Knoebel in die Gegenwart weitergeschrieben. Entdeckungen abseits des musealen Mainstreams ermöglichen Werke von Fritz Klemm, Rolf Rose, Sándor Szombati, Peter Stohrer, Armin Turk oder Lothar Wolleh.

Gegenwartskunst

Ausstellungen zur zeitgenössischen Kunst führten zu zahlreichen Ankäufen, zumeist direkt aus dem Atelier, sowie zu Dauerleihgaben und Schenkungen, die in die Sammlung integriert werden konnten, darunter Werke von Margret Eicher, Margareta Hesse, Henning Kürschner, Susanne Lyner, Albert Merz, Michael Riedel, Elisabeth Sonneck, Jobst Tilmann, Helga Weihs oder Beat Zoderer. Das Thema „Licht“ setzt sich in der Gegenwartskunst außerdem prominent mit Installationen im Außenraum von Egill Saebjörnsson und Adam Barker-Mill sowie mit Interventionen im musealen Raum von Christoph Dahlhausen fort.

Mit dem „Totalkünstler“ Timm Ulrichs entwickelte sich eine intensive Kooperation, sodass das Kunstmuseum Ahlen eine umfassende Sammlung von etwa 100 Werken, hauptsächlich Multiples, beherbergt. Nach dem frühen Tod von Andreas Horlitz (2016) kam der Nachlass des Münchner Künstlers und Fotografen ins Kunstmuseum Ahlen. Er umfasst neben zahlreichen künstlerischen Werken, hauptsächlich Glas- und Spiegelobjekte sowie Leuchtkästen, ein großes Konvolut an fotografischen Skizzen, Dias, Fotoabzügen, aber auch Schriften, Briefe und Dokumenten.

Sammlung Speth-Lage

Das Sammlerehepaar Brigitte Spethmann-Heitlage und Eckhard Heitlage überließ dem Kunstmuseum Ahlen Ende 2023 seine Sammlung zur Konkreten Kunst mit rund 180 Werken von 130 internationalen Künstler*innen. Die Sammlung Speth-Lage ging als Schenkung an die Theodor F.-Leifeld-Stiftung. Sie umfasst Arbeiten von Künstler*innen wie Adam Barker-Mill, Günther Uecker, Edda Jachens, Horst Linn, Adolf Luther, Jan von Munster, Klaus Staudt oder Timm Ulrichs, die bereits mit Werken im Kunstmuseum Ahlen vertreten sind, aber auch wichtige neuen Positionen, etwa von Erich Buchholz, Inge Dick, Rupprecht Geiger, Isa Genzken, Almir Mavingier, Dóra Maurer, Vera Molnár oder Regine Schumann.

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Zur Sammlung des Kunstmuseums Ahlen ist am 25. Mai im Wienand Verlag anläßlich des 30jährigen Jubiläums eine über 400-seitige Publikation erschienen. Zahlreiche Abbildungen und Texte stellen prominente Werke und neu zu entdeckende Künstlerinnen und Künstler vor, ermöglichen Einblicke ins Depot und hinter die Kulissen musealer Arbeit.